Rani Khedira – noch kein Ende der Entwicklung
Er ist beim FC Augsburg unumstritten: Rani Khedira dürfte auch in der kommenden Saison zu den Stammspielern zählen.
Das personifzierte Schweizer Taschenmesser wird bei Trainer Martin Schmidt wegen seiner Vielseitigkeit geschätzt, spielt in den Planungen eine feste Rolle. Rani Khedira spricht über seine Rolle beim FCA, über ein Zusammenspiel mit seinem Bruder und darüber, was ihn auf dem Transfermarkt so nervt.
Stammspieler beim FCA, zuletzt vier Tore erzielt. Täuscht der Eindruck oder sind Sie dem großen Schatten Ihres Bruders entwichen?
Rani Khedira: Ich werde definitiv weniger auf Sami angesprochen, das stimmt. Das liegt aber auch daran, dass ich mich auf der größten deutschen Fußballbühne Woche für Woche zeige und beweise. Wenn man aktuell über mich spricht, spricht man auch viel mehr über Rani und nicht mehr über „den kleinen Bruder von“. Ich habe es geschafft, meinen eigenen Weg zu gehen.
Wie genervt waren Sie eigentlich in Ihrer Karriere von den ständigen Vergleichen?
Khedira: Beim VfB war es schon extrem, weil ich immer wieder gesagt bekommen habe, dass mein Bruder der Bessere sei, weil er damals schon bei Real Madrid spielte und Deutscher Meister war. Vielleicht habe ich mir dadurch auch selbst zu viel Druck gemacht, mir gedacht: Ich muss es den Fans und dem Verein unbedingt zurückgeben. Auch in jedem Interview, in jeder Überschrift stand etwas über Sami. Im Prinzip hat man sich nicht nur für mich interessiert, sondern wollte auch Hintergrundinformationen über ihn haben. Aber mittlerweile ist es deutlich weniger geworden. Darüber bin ich froh.
Die Altintop-Zwillinge Halil und Hamit hatten immer den Wunsch, gegen Ende ihrer Karrieren zusammenzuspielen. Wie ist es im Hause Khedira?
Khedira: Mein Traum wäre überhaupt einmal gemeinsam mit ihm auf dem Platz zu stehen. Ob nun als Mitspieler oder als Gegner. Gegen ihn fände ich sogar noch spannender, denn selbst wenn wir uns irgendwo privat duellieren, wird es schon heiß (grinst). Ich glaube aber, dass beides sehr schwierig werden würde.
In der abgelaufenen Saison entdeckten Sie auch das Toreschießen. Was folgt nun?
Khedira: In erster Linie will ich das bestätigen. Ich kenne keinen, der in seiner Entwicklung stehen bleiben möchte. Dass ich vier Tore erzielt habe, hätte ich mir vorher aber auch nicht er-träumt. Auch wenn es schwierig sein wird, das zu wiederholen – das ist meine Messlatte für die kommende Saison.
Weitere Ziele?
Khedira: Ich will mich besser in den Räumen bewegen, speziell im Spielaufbau. Ich will auf dem Platz ein Gefühl entwickeln, wo ich mit dem Ball richtig stehe. Gegen den Ball ist es schon ganz ordentlich. Aber mit Ball kann ich mich noch besser bewegen, sodass ich weniger in Zweikämpfe komme.
Wie lernt man das?
Khedira: Durch viele Videos, besonders von Kai Havertz. Er ist ein Spieler, der das sehr gut macht. Er ist natürlich ein komplett anderer Spielertyp, aber wie er die freien Räume findet und dadurch das Spiel schneller entwickelt, ist beeindruckend.
Gefühlt wird der Transfersommer immer verrückter: Antoine Griezmann wollte seine Ausstiegsklausel selbst bezahlen, mit Joao Felix wechselt ein 19-Jähriger für 126 Millionen Euro. Für Neymar waren 250 Millionen Euro im Gespräch. Sind das noch greifbare Zahlen?
Khedira: Solche Summen sind nicht gerechtfertigt. Ein einzelner Mensch kann niemals so viel Wert sein! Aber wir befinden uns in einem Markt und in diesem ist das Geld im Umlauf. Ich glaube sogar, dass es mit den Summen noch höher geht. Vor fünf Jahren sorgte der Wechsel von Kevin de Bruyne für 70 Millionen zu ManCity für Staunen. Heute sind es 222 Millionen. Wie weit die Grenzen nach oben ausgereizt werden können, weiß ich nicht. Es gibt ja Ausstiegsklauseln im Wert von 600 Millionen. Ob die jemals einer bezahlen wird? Keine Ahnung. Ich verstehe aber eines nicht.
Was denn?
Khedira: Wenn ein Spieler einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschreibt, wieso fordert er dann nach einem Jahr, einen Wechsel? Warum unterschreibt er dann für fünf Jahre? Es zwingt ihn doch keiner! Da sind dann auch Ablösesummen egal. Wenn ein Spieler sich bei seinem Verein nicht für fünf Jahre sieht, warum sagt er dann zu? Das ist doch falsch. Uli Hoeneß hat früher immer von Handschlagverträgen gesprochen – heutzutage streitet man sich nach nur einem Jahr. Verträge müssen wieder mehr zählen!
Und wie lauten aktuell Ihre Überlegungen mit dem FCA?
Khedira: Als ich nach Augsburg kam, habe ich mich bewusst für vier Jahre entschieden. Diese Länge wurde von beiden Seiten so gewünscht. Jetzt ist Halbzeit. Meine Zwischenbilanz? Alles perfekt! Meine Entwicklung und die des Vereins sind noch lange beendet.
Interview Dennis Amedowski / Augsburg Journal, Foto: Alexander Heinle