Olympic Combined im Landesleistungszentrum Augsburg

Verfasst am Dienstag, 24. Juli 2018 von Thorsten Franzisi

Im neuen Landesleistungs-Zentrum Augsburg wurde die erste Deutsche Meisterschaft im neuen olympischen Format „Olympic Combined“ ausgetragen. Diese Premiere wollte sich die Kletter-Elite nicht entgehen lassen und war fast vollständig auf dem Wettkampf vertreten.


Finale: Speed

Beim Speed-Finale wird im KO-System geklettert: Der 1. startet gegen den 6., die 2. gegen die 5., und so weiter. Die drei Gewinner und der Schnellste kommen eine Runde weiter, hier entscheiden sich dann die Paarungen für das Finale und das kleine Finale, den Kampf um Platz 3.

Die Damen starteten als erstes. Aus bayerischer Sicht war es eine gute Qualifikation, gleich drei Mitglieder des Bayernkaders qualifizierten sich für diesen Tag. Am Ende gab es auch eine bayerische Siegerin, Romy Fuchs, die mit nur 0,13 Sekunden Vorsprung vor Lucia Dörffel den Zielgriff erreichte. Dritte wurde Friederike Fell. Top-Favoritin und die aktuelle Speed-Rekordhalterin Alma Bestvater schied im Viertelfinale aus und wurde 5.

Bei den Herren setzte sich der Speedrekordhalter Jan Hojer Runde für Runde durch. Zuletzt stand er gegen den zweiten Favoriten dieses Wochenendes im Finale: Yannick Flohé. Die packende Schlussrunde wurde dem Publikum allerdings nicht gegönnt: Hojer startete zu früh. Yannick Flohé gewann dadurch automatisch das Finale, vor Hojer. Dritter wurde Alexander Averdunk.

Disziplin: Bouldern

Nach ihrem Sieg in der Speed-Disziplin hatte Romy Fuchs zunächst die größten Schwierigkeiten, sich in die von den Routensetzern Lars Bell, Luke Brady, Joseph Wetzel, Tobias Recktenwald und Christoph Müller trickreich geschraubten Bouldern einzufinden. Nicht nur Fuchs tat sich schwer, auch die amtierende Deutsche Meisterin Alma Bestvater hatte Probleme: Sie lag nach dem dritten Boulder auf Platz vier. Besser lief es an dieser Stelle für Frederike Fell und Johanna Holfeld: Sie konnten alle drei Boulder toppen. Dann kam die letzte Route: Hier führten riesige Volumes durch einen schweren Überhang zum Top – schlimm für Haut und Grip, gerade bei den warmen Temperaturen. Doch auch dieses Problem konnte Johanna Holfeld im 2. Versuch klettern – und sicherte sich so verdient den 1. Platz. Die anderen Athletinnen erreichten den Top-Griff nicht. Die Platzierungen im Bouldern: 2. Fell, 3. Wienand, 4. Bestvater, 5. Dörffel, 6. Fuchs.

Bei den Herren hatte Jan Hojer nach seinem Patzer im Speed einiges gut zu machen. Und er lieferte: Bis zum 3. Boulder lag er weit in Führung – mit zwei Flashs und einem normalen Top. Auf Platz 2 lag sein schärfster Konkurrent Yannick Flohé, der aber im dritten Boulder keinen Auftrag hatte. Generell sahen die Herren-Boulder wenig Begehungen: Boulder 1 konnten noch alle Kletterer toppen, Boulder Nummer 2 nur Flohé und Hojer und den Dritten nur noch Jan Hojer. Der letzte Boulder war ähnlich der Damenroute geschraubt: Große schwarze Volume-Sloper und ein massiver Überhang – um es zusammenzufassen. Der Boulder blieb ungeklettert, auch weil die Athleten auf den fordersten Plätzen taktierten und schon vor Ablauf der Zeit die Matte verließen. Das Ranking in der Disziplin: 1. Hojer, 2. Flohé, 3. Averdunk, 4. David Firnenburg, 5. Kleesattel, 6. Ruben Firnenburg.

Nach dem zweiten Wettkampf änderten sich die Gesamtplatzierungen gerade bei den Damen. Alma Bestvater rutschte weiter ab, dafür schob sich Frederike Fell auf Platz 1. „Gerade das macht die neue Disziplin so spannend: Nach jedem Wettkampf kann sich alles ändern“, so Sportdirektor Martin Veith.

Disziplin: Lead

Bereits im Bouldern merkte man den Athletinnen und Athleten das anstrengende Wettkampfwochenende an. Zudem verlangten die Probleme nach viel Haut: Es gab kaum Starter, die nicht ohne verdrehte Knie, angeschlagene Knöchel oder Schürfwunden durch den Wettkampf kamen. Trotzdem schenkten die Routenbauer den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Lead nichts: Statt der üblichen 45 Züge mussten rund 60 Züge geklettert werden – hier war Ausdauer gefragt.

Die ersten drei Damen, Frederike Fell, Johanna Holfeld und Romy Fuchs lagen nach zwei von drei Disziplinen mit jeweils 6 Punkten gleichauf. Lediglich der direkte Vergleich entschied das Ranking. Auch Lucia Dörffel und Roxana Wienand hätten bei einer starken Lead-Leistung noch der Sprung aufs Podium schaffen können. Lediglich Alma Bestvater war mit 20 Punkten schon sehr weit abgeschlagen. Sie startete wegen einer Handgelenksverletzung nicht mehr in den Lead-Wettkampf.

Die Damen-Route gestaltete sich ausdauerlastig: Richtig harte Passagen fehlten über lange Strecken, dafür sorgten viele kleine und große Griffe und Tritte für eine gewisse Unübersichtlichkeit. Die Crux lag in etwa zwei Drittel der Höhe: Nach einem kraftraubenden Überhang mussten die Kletterinnen einen weiten Sprung nach rechts wagen.

Dort, nach Griff 36, scheiterten alle Athletinnen. Ihr Ranking entschied sich deshalb durch die Kletterzeit – wer schneller kletterte, lag am Ende weiter vorne. Bis zur letzten Starterin lag Roxana Wienand in Führung – dann kam Frederike Fell: Sie kletterte am Ende etwas schneller. So sah am Ende das Ranking wie folgt aus: 1. Frederike Fell, 2. Roxana Wienand, 3. Lucia Dörffel, 4. Johanna Holfeld, 5. Romy Fuchs.

Bundestrainerin Friederike Kops: „Ich bin ein Fan von Roxana! Nach ihrem hervorragenden 4. Platz beim EYC München, hat sie hier gezeigt, was wirklich in ihr steckt. Sie scheint eine New-Comerin am Combined-Himmel zu sein: Man hat den Eindruck, dass sie total unbeschwert in die Wettkämpfe geht und einen riesen Spaß daran hat.“

Bei den Herren lagen Jan Hojer und Yannick Flohé mit 2 Zählern punktgleich. Etwas abgeschlagen folgte Alexander Averdunk mit 9 Punkten. Die Brüder David und Ruben Firnenburg sowie Max Kleesattel lagen mit 20 Punkten und mehr weiter hinten.

Die Leadroute bei den Herren war vom Stil her den Damen recht ähnlich. Viele kleine Griffe und Tritte warteten auf den mehr als 60 Zügen. Im oberen Teil erschwerten dann größere aber schlecht zu greifende Volumes den Weg. Nachdem die ersten beiden Starter, Ruben Firnenburg und Max Kleesattel, schon nach rund 26 Zügen im Seil hingen, kletterte David Firnenburg bis kurz unters Top und schaffte 62+ Griffe. Dann kamen die beiden Favoriten: Sie tauschten in den vorhergehenden Wettkämpfen Platz 1 und 2. Wer von ihnen beiden in der Leadroute weiter kletterte, gewann den Titel. Yannick Flohé kletterte nicht ganz so weit wie David Firnenburg und landete auf Rang 3. Damit war für Jan Hojer der Weg frei: Doch auch er fiel beim gleichen Zug wie Flohé. Am Ende entschied die Zeit zwischen den beiden.

Das Gesamtranking: Fell und Hojer gewinnen

Bei den Herren setzten sich die beiden Favoriten durch: Den ersten Platz sicherte sich Jan Hojer mit einem Sieg und zwei 2. Plätzen souverän. Yannick Flohé wurde Zweiter, David Firnenburg konnte Alexander Averdunk durch seine starke Lead-Leistung noch auf Rang vier verweisen.

Die Bundestrainerin Friederike Kops zeigte sich nach dem Wettkampf zufrieden: „Weil das ein total neues Format ist, haben es die Routenbauer schwer abzuschätzen, wie hart die Routen sein dürfen. Und dann ist es tatsächlich noch eine Frage der Haut – davon haben die Athletinnen und Athleten jetzt sicherlich nicht mehr zu viel drauf. Aus sportlicher Sicht ist das ein super spannendes Format und sehr kurzweilig! Jan Hojer ist seiner Favoritenrolle gerecht geworden, wobei es auch anders ausgehen hätte können. Frederike Fell hat in den letzten Wettkämpfen gezeigt, dass sie super fokussiert ist und einen sehr klaren Kopf hat. Sie hat verdient gewonnen.“

Auch Sportdirektor Martin Veith zeigte sich zufrieden: „Die Organisation rund um den DAV-Delegate Ricardo Schumann funktionierte perfekt, die vielen Helferinnen und Helfer gaben alles für die Wettkämpfer und das Publikum. Vielen Dank dafür!“

Damen:

Frederike Fell
Johanna Holfeld
Roxana Wienand
Romy Fuchs
Lucia Dörffel
Alma Bestvater

Herren:

Jan Hojer
Yannick Flohé
Alexander Averdunk
David Firnenburg
Ruben Firnenburg
Max Kleesattel

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