Helga & Manfred Scheppach – Ein Leben für den Kajaksport

Verfasst am Dienstag, 19. Oktober 2021 von Thorsten Franzisi

Im Sportleben von Helga und Manfred Scheppach klingt so manches nach einem Märchen, obgleich nicht alles immer märchenhaft gelaufen ist.

Helga und Manfred Scheppach legten über Jahrzehnte als Trainerehepaar die Grundlagen dafür, dass Augsburg weltweit die erfolgreichsten Kanutinnen und Kanuten vorweisen kann. Jetzt wurden die beiden zu Ehrenmitgliedern des Augsburger Kajak-Vereins ernannt.

Die Olympischen Sommerspiele Tokio 2020 sind noch in unser aller Gedächtnis. Drei von vier deutschen Startern im Kanusport kommen aus Augsburg oder trainieren hier am Augsburger Eiskanal. Alle drei holen sie eine Medaille. Das war ein wahres olympisches Sommermärchen für den Augsburger Kanusport, für die ganze Stadt, für das deutsche Olympia-Team. Großen Anteil an diesen wie an anderen Medaillenregen für unsere Augsburger Kanutinnen und Kanuten haben dabei Helga und Manfred Scheppach.

Manfred Scheppach war Anfang der 60er Jahre mit seiner Familie in das Schleußenhaus an der Wertach gezogen. Dort konnte er die Kajakfahrer beobachten, die auf dem Wertachkanal trainierten. Schon bald sollte auch er in einem dieser Boote auf dem Wasser sein. 1962 wird er als Sechzehnjähriger Mitglied des Augsburger Kajak-Vereins. Sein erstes Boot hatte er sich selbst gebaut, mit Zeltplane überzogen und mit Teer versucht es wasserdicht zu machen.

Drei Jahre später tritt Helga Weickmann in den Verein. Zuvor hatte die Sechzehnjährige es mit Judo versucht. Da es beim Judo zu dieser Zeit jedoch keine Wettkämpfe für Frauen gab, suchte sie eine Sportart, in der man sich auch in Wettkämpfen mit anderen Sportlerinnen messen konnte. Den Kajaksport kannte sie von Ihrem Onkel Sepp Leiß, der schon viele Jahre im AKV aktiv war und so saß sie ab 1965 erstmals in einem Kajakboot und trainierte bald schon fast täglich. Dass für beide der Kajaksport eine Leidenschaft für ihr ganzes Leben werden sollte, wussten Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Manfred hatte die jüngeren Fahrerinnen auch als Trainer mitbetreut. So hatte es nicht lange gedauert, bis die beiden sich kennengelernt hatten und gute Freunde wurden. Bis die Liebe dann amtlich besiegelt wurde, gingen noch einige Jahre ins Land. Schwierig war es nämlich einen Hochzeitstermin zu finden, da beide jedes Wochenende mit Wettkämpfen irgendwo auf irgendwelchen Flüssen unterwegs waren.

Und dann kam Olympia 1972
Helga hatte sich rasch an die Spitze der deutschen Kanutinnen gefahren. Ihren ersten Meistertitel holte sie 1966 bei den Bayerischen Meisterschaften. Dies war der Auftakt zu einer Flut an Treppchenplätzen und so wurde sie auch nominiert für den Olympiakader von 1972. Die Olympiade München 1972 hatte erstmals auch den Kajaksport mit im Programm. Austragungsort war zudem am Augsburger Eiskanal. Somit hätte Olympia 1972 zu einem Sommermärchen für Helga Weickmann werden können, doch leider machte ihr die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Eine hartnäckige Lungenentzündung kostete ihr den Startplatz bei der Olympia-Premiere ihres Sports.

Als Trost blieb ihr der Fackellauf mit der olympischen Flamme durch Augsburgs Innenstadt. Dieses Erlebnis ist für sie unvergessen. Manfred Scheppach war Deutscher Meister mit der Mannschaft geworden, aber sehr rasch hatte er sich vor allem zu einem versierteren Trainer entwickelt. So fungierte er bei der Olympiade 1972 als ICF-Olympia-Kampfrichter.

1973 war es dann endlich so weit Manfred, inzwischen Technischer Zeichner, heiratet seine Helga, die nun als Reprofotografin arbeitete. Helga blieb auch nach dem verpassten Olympiastart weiter erfolgreiche Kanutin und holte vor allem mit der Mannschaft noch eine Vielzahl an Top-Drei Platzierungen bei Bayerischen und Deutschen Meisterschaften, gleichzeitig hatte sie aber nun auch das Nachwuchstraining im Augsburger Kajak-Verein mit übernommen. Seit 1983 besitzen Manfred und Helga die A-Trainer-Lizenz für den Kajaksport. Über drei Jahrzehnte war Manfred Scheppach als Landestrainer für den Bayerischen Kanu Verband BKV tätig. Viele Jahre davon als Ressortleiter für den Kanu Slalom. Insgesamt können die Scheppachs heute auf über 50 Jahre Trainiertätigkeit zurückblicken.

Die Meistermacher und Medaillenschmiede
Und der Erfolg als Trainergespann ist mehr als beachtlich, er lässt einen staunen. In diesen 50 Jahren Trainertätigkeit errangen ca. 100 Kanutinnen und Kanuten des Augsburger Kajak-Vereins Meistertitel: bayerische, deutsche, europäische und Weltmeistertitel. Zudem schlagen auch Olympiamedaillen zu Buche. Zwar gingen Fahrerinnen und Fahrer wie etwa Elisabeth und Peter Micheler, Sideris Tasiadis oder Melanie Pfeiffer bei ihren internationalen Siegfahrten nicht mehr für den AKV an den Start, doch das Kajakfahren gelernt hatten sie alle einst bei Helga und Manfred Scheppach. Sie zeigten ihnen allen jene Tricks und Kniffe, um einen Wildwasserparcours mit dem ständigen Wechsel von Auf- und Abwärtstoren fehlerfrei und in Bestzeit meistern zu können. Bei Helga und Manfred gelernt hatte auch der derzeit erfolgreichste deutsche Kajakfahrer im K1, Weltmeister und zweifacher Olympia-Medaillengewinner Hannes Aigner. Das Trainergespann Scheppach als Meistermacher und Meisterschmiede zu bezeichnen, liegt also auf der Hand.

Ehepaar Helga und Manfred Scheppach – Ehrenmitglieder des AKV
Für ihren besonderen Einsatz für die Gemeinschaft, der über fünfzig Jahre immer ehrenamtlich ausgeführt wurde, erhielten Helga und Manfred verdientermaßen eine Vielzahl an öffentlichen Ehrungen und Auszeichnungen. Selbstverständlich wurden Sie von Ihrem Verein mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet, aber auch die Stadt Augsburg oder der BKV ehrten sie mit der Goldenen Verdienstnadel. Manfred Scheppach wurde 2016 persönlich von Innenminister Herrmann für seine besonderen Verdienste um den Sport geehrt.

Über Jahrzehnte hatten beide neben ihrer Trainertätigkeit zusätzliche Verantwortung im Verein übernommen, sei es als Sportwart, Bootshauswart, Fahrzeugwart oder Vorstand. Jetzt übergeben Sie ihre aktuellen Ämter als Leiterin für den Wettkampfsport und als Fahrzeugwart an der jüngeren Generation. Dass Helga und Manfred dabei trotzdem weiterhin regelmäßig am Augsburger Eiskanal anzutreffen sein werden, das steht außer Frage. Und Trainingseinheiten werden natürlich nach wie vor übernommen.

Weshalb der Augsburger Kajak-Verein bei seinen beiden Mitgliedern Helga und Manfred Scheppach von einem der großen Glücksfälle in seiner Vereinsgeschichte spricht, liegt auf der Hand. So verwunderte es auch nicht wirklich, dass Helga und Manfred Scheppach nun auf der Jahreshauptversammlung des Augsburger Kajak-Vereins mit der Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit bedacht wurden.

Bildrechte: Manfred+Hannes: Manfred Aigner

 

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