FC Augsburg: Die Lage ist ernst!
Die neue Kolumne unseres Rasensprengers Moritz Winklers über die dunklen Schatten, welche über die WWK-Arena des FC Augsburgs ziehen.
Nachdem sich die letzten beiden Artikel vor allem um die Folgen des Pepi-Transfers gedreht und dabei auch der Blick über den Bundesligastandort hinausgeworfen haben, soll nun wieder die aktuelle sportliche Lage des Vereins im Mittelpunkt stehen. Nach der bitteren 1:5 Niederlage scheint das auch mehr als angebracht, denn besonders eine Entwicklung bereitet große Sorgen.
Eine trügerische Sicherheit
Es hatte durchaus seinen Grund, warum ich die sportliche Situation des FC Augsburg in den letzten Wochen nicht zum Thema gemacht habe. Neben dem großen Wirbel um den völlig überraschenden Pep- Transfer wollte ich zunächst die ersten Auftritte in der Rückrunde abwarten und der Mannschaft etwas Zeit geben. Schließlich bringt es nichts, direkt nach der ersten Niederlage alles in Grund und Boden zu stampfen. Doch nach drei Spielen zeigt sich immer mehr: Die Lage in Augsburg ist ernst und man droht in ein gefährliches Fahrwasser zu geraten.
Aktuell steht der FCA mal wieder auf dem Relegationsplatz oder sollte man besser sagen immer noch? Der Abstand auf den Vorletzten beträgt gerade einmal einen Punkt, und die Tendenz der letzten Wochen zeigt ganz klar in eine Richtung: Nach unten.
Der ein oder andere Fan mag hier vielleicht entgegnen, dass man sich mit solchen Situationen in der Vergangenheit bereits öfters konfrontiert sah und diese bisher auch immer bewältigt wurden. Das ist durchaus richtig, doch selten waren die Begleitumstände so gefährlich wie aktuell.
Während die Fuggerstädter nämlich seit fünf Spielen sieglos sind, hat die Konkurrenz inzwischen längst das Heft des Handelns in die Hand genommen. Arminia Bielefeld ist mit einer beeindruckenden Serie von fünf unbesiegten Spielen in Folge am FCA vorbeigezogen. Selbst Schlusslicht Greuther Fürth holte aus den letzten drei Partien fünf Punkte. Zum Vergleich: beim FC Augsburg war es in dieser Zeit gerade einmal ein einziger Zähler. Und so sind der VfL Wolfsburg, Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC die ärgsten Mitbewerber auf die Nichtabstiegsplätze – drei Schwergewichte im deutschen Fußball, die sowohl finanziell als auch qualitativ mit dem Abstiegskampf eigentlich nichts zu tun haben sollten. Wenn es diesen Vereinen gelingt, ihr großes Potential in den nächsten Wochen abzurufen, könnte es für Fuggerstädter im Tabellenkeller ganz schnell brenzliger werden, als vielen lieb ist.
Die Balance zwischen Selbstvertrauen und Hybris
Umso erstaunlicher ist, wie ruhig es von außen betrachtet im Angesicht dieser Gefahr noch im Verein zugeht. In gewisser Weise ist das sicher der typische Augsburger Weg, mit dem man in der Vergangenheit am Ende auch immer gut gefahren ist. Beim FCA neigte man in Krisensituationen bisher nie zu blindem Aktionismus, sondern vielmehr zu Gelassenheit und Kontinuität. Immer im vollen Vertrauen darauf, dass man es auch in diesem Jahr wieder irgendwie schaffen wird.
An sich ist der Glaube in die eigene Stärke auch nichts Schlechtes, solange er nicht in eine Hybris der Unabsteigbarkeit abdriftet. Ein Phänomen, das schon viele Vereine ereilte. Bekanntestes Beispiel ist hier wohl der HSV. Auch in Hamburg glaubte man lange Zeit, dass man am Ende sowieso irgendwie die Klasse halten würde, ehe man 2018 den Kopf dann doch nicht mehr aus der Schlinge ziehen konnte.
Böse Zungen würden behaupten, dass sich Tendenzen einer solchen Hybris inzwischen leider auch beim FCA erkennen lassen. Zumindest hat man aktuell nicht das Gefühl, dass die Mannschaft wirklich verinnerlicht hat, um was es in der aktuellen Situation geht: Nämlich um nichts anderes als das nackte Überleben im deutschen Oberhaus.
So dominierte in der letzten Woche eine Aussage von Ricardo Pepi die Schlagzeilen, der in einem Interview gegenüber der Sport-Bild geäußert hatte, dass es sein Traum sei, mit dem FC Augsburg irgendwann in der Champions League zu spielen. Dazu muss gesagt werden, dass dieses Zitat von den meisten Medien aus dem Kontext gerissen wurde und dass es absolut nachvollziehbar ist, wenn junge Spieler Träume haben. Dennoch sind solche Äußerungen in der aktuellen Situation nicht gerade hilfreich.
Generell hat man das Gefühl, dass gerade durch den Pepi-Transfer der Fokus auf die aktuelle sportliche Situation etwas abhandengekommen ist. Seit der Ankunft des US-Amerikaners ging es zumeist nur noch um die großen Zukunftspläne des Vereins. Auch das bereits aus dem letzten Jahr stammende Zitat, das Investor Blitzer mit in die Europa League möchte, hatte wieder einmal Hochkonjunktur. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang eher einmal die Frage aufwerfen, ob denn der neue Rekordtransfer auch einen Vertrag für die 2. Bundesliga hat?
Denn dorthin dürften weder Pepi noch die anderen jungen Spieler wollen, die in den letzten Jahren für gutes Geld nach Augsburg gewechselt sind. Rein auf dem Papier ist diese Mannschaft auch absolut erstligatauglich, nicht wenige sprechen ja sogar vom besten Augsburger Kader aller Zeiten. Das Problem ist nur: Der beste Kader bringt einem nicht viel, wenn die Einstellung nicht stimmt.
Natürlich dürften sich die meisten dieser Spieler ihre Zeit beim FCA ganz anders vorgestellt haben. Statt sich für eine höhere Aufgabe zu empfehlen, kämpfen sie nun in Augsburg schon wieder gegen den Abstieg. Dennoch gehören auch solche Phasen zu der vielbeschworenen Entwicklung dazu und sind ein echter Charaktertest. Es geht hier um eine Grundsatzfrage: Nimmt man die Situation so an, wie sie ist und kämpft sich gemeinsam dort heraus oder schreibt man diese Saison insgeheim schon ab, in der Hoffnung, dass man sich auch in diesem Jahr irgendwie am Abstieg vorbei mogeln kann.
Ein besorgniserregender Rückfall
Eines steht fest: Mit den aktuellen Leistungen ist der Klassenerhalt alles andere als gesichert. Statt als giftiger und wie vom Trainer mehrfach gefordert „gieriger“ Gegner, erwiesen sich die Augsburger in der Rückrunde bis jetzt als besonders harmlos und fehleranfällig. Gegen die TSG Hoffenheim blieb man das ganze Spiel über so gut wie chancenlos. Gegen Eintracht Frankfurt zeigte man trotz Rückstand eine starke erste Hälfte, in der man sich nach einem 0:1 Rückstand zurückkämpfte, nur um sich dann in der zweiten Halbzeit über weite Strecken auf diesem Unentschieden auszuruhen. Dabei wäre gerade hier ein Sieg so wichtig gewesen.
Der letzte Auftritt gegen Bayer 04 Leverkusen war dann leider wieder einmal ein Tiefpunkt. Man wurde von der Werkself förmlich überrollt, kam nicht in die Zweikämpfe, dafür immer einen Schritt zu spät und gab sich am Ende fast wehrlos geschlagen. All das tut umso mehr weh, weil man es in dieser Saison von derselben Mannschaft auch schon ganz anders gesehen hat. Doch aktuell erinnert sehr vieles an die desolaten Auftritte zum Saisonauftakt. Zumindest auf dem Platz sieht man derzeit kein richtiges Aufbäumen, sondern es wird gemeckert, abgewunken und stehengeblieben. Eine gefährliche Entwicklung, wenn man auch spielerisch kaum Fortschritte macht und die vielen individuellen Patzer einfach nicht abgestellt bekommt.
Die Trainerfrage zu stellen, wäre zu einfach
Wenn der ein oder andere denkt, dass ich damit indirekt einen Trainerrauswurf fordere, dann liegt er falsch! Ich habe hier an passender Stelle schon einmal gesagt, dass ich glaube, dass das Problem nicht am Trainer, sondern tiefer liegt. In der Mannschaft herrscht offensichtlich die Mentalität, dass man sich auch bei Misserfolgen allzu schnell zufriedengibt und sich entweder ins Schönreden oder Wegträumen flüchtet. Markus Weinzierl hat das selbst im Oktober mit folgenden Worten beschrieben: „Die Mannschaft springt nur so hoch, wie sie muss!“
Dieser Mentalität hatte er damals nach dem 1:4 in Mainz den Kampf angesagt und war damit einmal schon erfolgreich. Jetzt muss er diese Qualität nochmal beweisen, es braucht den Mainz-Effekt 2.0, besser jetzt als gleich! Andernfalls droht man dieses Mal vielleicht doch noch über den Relegationsplatz ins Ligaabseits zu stolpern.