Ein Blick zurück: Lechhauser Sportgeschichten
Erstes Volksradfahren und Volksschwimmen in Deutschland
Das aktuelle Sportgeschehen bleibt wegen der Corona-Krise überschaubar. Dies ist eine gute Gelegenheit für einen Blick zurück auf vergangene Augsburger Ereignisse. So erlebte Augsburg, genauer gesagt der Stadtteil Lechhausen, vor 53 Jahren zwei deutsche Breitensport-Premieren. Sie dienten bundesweit als Vorbild.
Das erste Volksradfahren und das erste Volksschwimmen sorgten im Sommer 1967 für Aufsehen in der Bundesrepublik. Bei diesen beiden Premieren im östlichsten und größten Augsburger Stadtteil Lechhausen machten rund 2.600 Athleten mit. Das Vorbild für die zwei Veranstaltungen war der erste deutsche Volkslauf, welcher vier Jahre zuvor am 13. Oktober 1963 im nahen Bobingen stattgefunden hatte. Etwa 800 Teilnehmer aller Altersgruppen starteten damals im beschaulichen Stadtteil Siedlung auf die hügeligen Strecken zwischen 800 Metern und zwölf Kilometern in den „Westlichen Wäldern“.
Am 27. August 1967 wurde das erste deutsche Volksradfahren ausgetragen. Etwa 1.100 Radler gingen bei der damaligen Textilfabrik Prinz in der Derchinger Straße an den Start. 33 hügelige Kilometer rund um den Derchinger Forst galt es zu absolvieren. 55:31 Minuten brauchte Uli Keller, der schnellste Radler. Veranstalter dieses Radrennens für Jedermann war der RC Pfeil, der als zweitältester Augsburger Radsportverein bald sein 125-jähriges Bestehen feiern kann. Kurt Ernst, der langjährige Vorsitzende, zählte zu den Machern. Die Bobinger Volkslauf-Initiatoren standen dem RC Pfeil mit Rat und Tat zur Seite, namentlich Otto Hosse und Herwig Leiter. Rasch nach der Augsburger Premiere wurden nach diesem Muster weitere Volksradfahren in der Bundesrepublik durchgeführt. So ging in Meitingen nördlich von Augsburg die zweite Veranstaltung über die Bühne. In den 1980er Jahren entstanden daraus die bis heute beliebten Radtouristikfahrten. Rund 1.100 Veranstaltungen für Jedermann verzeichnete der letztjährige Radsport-Kalender.
Fünf Wochen vor dem Volksradfahren fand am 23. Juli 1967 am Autobahnsee von Lechhausen das erste Volksschwimmen Deutschlands statt. Initiiert wurde diese Veranstaltung von den Bobinger Volkslauf-Pionieren. Die Organisation des Schwimmwettbewerbs für Jedermann übernahm die BRK-Wasserwacht, nachdem kein Schwimmverein hierzu bereit gewesen war. Fritz Aumann, Veit Schmidt und Günter Buchbender zählten zu den maßgeblichen Wasserwachtlern. Knapp 1.500 Hobbyathleten, eingeteilt in 36 Startgruppen, machten sich im Zehn-Minuten-Abstand auf die 1.000-Meter-Strecke. Für die Tagesbestzeit sorgte Klaus Schroth mit 14:51 Minuten. Die Wasserwacht musste mehrere Schwimmer retten. Sie waren durch die Wellen, verursacht durch einen vom Fernsehen eingesetzten Hubschrauber, in Schwierigkeiten geraten. Auch das Augsburger Volksschwimmen diente deutschlandweit als Vorbild. Jedoch konnte sich diese Art von Breitensport-Veranstaltung nicht so etablieren, wie der Volkslauf und das Volksradfahren.
Wilfried Matzke / WM
fotocredit: „Archiv Matzke“